12. Juli 2021
FÄLLT DER OBLIGATORISCHE UNTERLASSUNGSANSPRUCH IN DEUTSCHLAND?
Deutschland modernisiert sein Patentgesetz
Das Gesetzgebungsverfahren zum Zweiten Gesetz zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts (PatModG) ist nun abgeschlossen und tritt damit nach seiner Verkündung in Kraft. Vorausgegangen waren Monate intensiver kontroverser Debatten.
Eine zentrale Änderung stellt die Änderung des §139 PatG dar, die im besonderen Fokus der öffentlichen Diskussion stand. Diese Änderung führt eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Unterlassungsanspruchs im Verletzungsprozess ein. Auch wenn von vielen Diskussionsteilnehmern argumentiert wird, dass damit lediglich eine ohnehin schon in der Zivilprozessordnung verankerte Verhältnismäßigkeitsprüfung in das Patentgesetz überführt wird und sich damit an der Rechtslage, wie sie auch vom BGH in der „Wärmetauscher-Entscheidung" 10. Mai 2016 (X ZR 114/13) festgestellt wurde, nichts ändert, steht die Verlässlichkeit und Effizienz des deutschen Patentrechts zu befürchten. Schon aus Haftungsgründen werden die Vertreter der vermeintlichen Verletzer stets den Einwand der Verhältnismäßigkeit bringen (müssen), so dass der Verletzungsprozess um einen weiteren Streitpunkt erweitert wird und an Komplexität gewinnt. Die Verfechter einer grundsätzlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung wollen damit sogenannten Patenttrollen Einhalt gebieten.
Nach unserer Auffassung bring der nun verabschiedete Gesetzestext das Regel-Ausnahme-Verhältnis (Unterlassungsanspruch versus unverhältnismäßige und ungerechtfertigte Härte) hinreichend zum Ausdruck. Damit sind nach unserer Auffassung die Hürden für eine Ausnahme vom Unterlassungsanspruch hoch angesetzt: für jeden Einzelfall ist zu prüfen, ob der Unterlassungsanspruch zu einer „ungerechtfertigten, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte" führen würde. Dabei sind auch das Gebot von Treu und Glauben sowie etwaige Interessen Dritter zu berücksichtigen.
Zum Ausgleich der Einschränkung des Unterlassungsanspruchs erhält der Schadensersatzanspruch für den Patentinhaber einen Ausgleichsanspruch in Form einer angemessen Entschädigung.
Wir werden sehen, wie sich diese Änderung dann tatsächlich in der Praxis auswirkt.
Als eine weitere wichtige Änderung wurden zu begrüßende verfahrensrechtliche Vorschriften zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen in das Patentgesetz aufgenommen. So können Verletzungsprozesse auch unter Wahrung der Geschäftsgeheimnisse der Parteien effizient und hinreichend transparent geführt werden.
Herausgreifen möchten wir auch die geplante Synchronisierung von Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht und Verletzungsverfahren vor den Zivilgerichten. Das sogenannte Injunction Gap soll mit verfahrensrechtlichen Mitteln geschlossen werden. Auch hier wird man sehen, wie sich diese Änderung in der Praxis auswirken wird.
Auch soll die Verlängerung der Frist zur Einleitung der nationalen Phase beim DPMA aus PCT-Anmeldungen von 30 auf 31 Monate und damit eine Synchronisierung mit der vom EPA gewährten Frist nicht unerwähnt bleiben.